
10.04.2025
Wind vs. Wald: Zerstören Windräder unsere Wälder?
"Wie kann ‚Ökostrom‘ den Wald retten, wenn er durch den Bau von Windkraftanlagen und Windparks zerstört wird?"
Solche und weitere Kommentare haben uns vor Kurzem erreicht, als wir auf Facebook darüber gesprochen haben, dass unser Ökostrom den Wald schützt. Besonders der Bau von Windrädern sorgt für Diskussionen: Hektarweise Waldflächen würden für Windkraftanlagen gerodet, heißt es. Aber wie viel davon ist tatsächlich wahr? Und kann der Bau von Windrädern im Wald überhaupt nachhaltig sein?
Zeit für einen differenzierten Blick auf Fakten, Perspektiven und Zielkonflikte.
Wie viel Wald wird für Windkraftanlagen gerodet?
Laut Umweltbundesamt werden nur etwa 2 % der Windkraftanlagen in Wäldern errichtet.
Trotzdem: Wenn Windräder im Wald gebaut werden, bedeutet das meist die Rodung einzelner Flächen für Fundamente, Zuwegungen und Infrastruktur. Je Windrad im Wald fällt durchschnittlich eine Rodungsfläche von rund 0,5 bis 1 Hektar an.
Ein Teil der Fläche wird allerdings direkt wieder aufgeforstet. Zusätzlich muss der Betreiber an anderer Stelle für Ausgleich sorgen.
Zum Vergleich: Der Bau eines neuen Autobahnkilometers verbraucht deutlich mehr Fläche. Zudem werden Windkraftanlagen meist in wirtschaftlich genutzten Forstflächen errichtet, nicht in unberührtem Urwald.
Warum überhaupt Windkraft im Wald?
Die Energiewende braucht Fläche. Und die ist rar. Besonders in windreichen Regionen wie Mittelgebirgen, wo oft Wald vorherrscht. Höhenlagen bieten zudem ideale Windverhältnisse. Viele Bundesländer ermöglichen daher unter strengen Auflagen auch die Errichtung von Windkraftanlagen in Waldgebieten.
Dabei handelt es sich fast ausschließlich um bewirtschaftete Wälder. Alte Buchenwälder oder Schutzgebiete sind durch naturschutzrechtliche Vorgaben ausgeschlossen. Genehmigt wird nur nach Umweltverträglichkeitsprüfungen und mit behördlicher Zustimmung.

Windkraft auf Kahlflächen
Windkraftanlagen entstehen bevorzugt auf Flächen, die ohnehin geschädigt sind – etwa durch Stürme, Dürre oder Borkenkäfer.
Oft ist dort bereits eine Forst-Infrastruktur vorhanden. Für Waldbesitzende kann Windkraft eine willkommene Einnahmequelle sein, um Wiederaufforstung mit klimaresistentem Mischwald zu finanzieren. In der Regel bleibt also gesunder Wald erhalten und es entsteht langfristig neuer, widerstandsfähiger Mischwald.
Wie wird der Eingriff kompensiert?
Für jede Rodung müssen nach dem Bundesnaturschutzgesetz Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen erfolgen. Das kann eine Aufforstung an anderer Stelle sein, die Renaturierung ökologisch wertvoller Flächen oder Maßnahmen zur Biotopvernetzung.
Kritik gibt es dennoch: Aufforstung dauert, und ein 30-jähriger Mischwald ersetzt kurzfristig nicht die ökologische Funktion eines alten Waldes. Dennoch stellt sich die Frage, welche Alternative der Umwelt langfristig mehr schadet: der Verzicht auf Windkraft oder die weitere Nutzung fossiler Energiequellen.
Mit modernen Technologien hoch hinaus
Moderne Windräder sind heute so hoch, dass sie problemlos über die Baumkronen hinausragen.
Möglich wird das durch neue Turmhöhen, stärkere Generatoren und angepasste Anlagenformen. Eine zusätzliche Rodung für Rotorblätter ist in der Regel nicht nötig.
Die durchschnittlich beanspruchte Fläche liegt bei rund 0,5 Hektar. Sie ist kleiner als ein Fußballfeld.

Wie viel Fläche wurde bisher für Wind im Wald gerodet?
Deutschland ist zu rund einem Drittel bewaldet. Das entspricht etwa 10,7 Millionen Hektar. Für Windkraft im Wald wurden bislang rund 1.130 Hektar genutzt. Das sind weniger als 0,01 % der gesamten Waldfläche.
Insgesamt stehen aktuell rund 2.450 Windräder in Wäldern. Sie liefern zusammen über 6.600 Megawatt Strom; etwa elf Prozent der gesamten Windenergieleistung in Deutschland. Mit durchschnittlich 0,46 Hektar pro Anlage zählt Windkraft im Wald zu den flächensparendsten Formen der Energiegewinnung.
Was sagen Umweltverbände?
Die Haltung ist differenziert. Der NABU spricht sich grundsätzlich für die Windenergie aus, fordert aber klare Ausschlussräume: "Keine Windräder in Schutzgebieten oder artenreichen Altwäldern." Auch der BUND betont die Notwendigkeit der Energiewende, mahnt aber zur Sorgfalt bei der Flächenauswahl.
Einige Landesverbände unterstützen Windkraft im Wald unter Auflagen, etwa mit artenschutzrechtlichem Monitoring, technischen Abschaltvorrichtungen für Fledermaus- und Vogelschutz oder Ausgleichsmaßnahmen.
Was bringt Windkraft dem Klima – trotz Rodung?
Die schlechte Nachricht: Deutschlands Wald schrumpft. Aber nicht wegen Windrädern. Der größte Anteil des Verlusts geht laut Umweltbundesamt auf Stürme, Dürre und Schädlingsbefall zurück.
Ein modernes Windrad spart pro Jahr rund 6.000 Tonnen CO2 ein. Das entspricht dem Ausstoß von rund 4.000 PKW. Die Emissionen für Bau und Rodung sind dabei vergleichsweise gering und werden schon nach wenigen Monaten Betrieb ausgeglichen.
Zudem hat Windkraft keine laufenden CO2-Emissionen, keine Abhängigkeit von Rohstoffimporten und hinterlässt keine toxischen Rückstände.
Fazit: Wind vs. Wald – ein Zielkonflikt mit Verantwortung
Windkraft im Wald ist kein Wunschkonzert. Sie bedeutet Eingriffe in Ökosysteme, kann aber, wenn sorgfältig geplant, Teil der Lösung gegen die Klimakrise sein. Entscheidend ist, wo gebaut wird, wie gut Schutzstandards eingehalten werden und wie offen wir über die Abwägungen sprechen.
Wird Waldfläche für Windräder genutzt, geschieht das nach strengen Prüfungen. Häufig handelt es sich um bereits geschädigte Flächen, etwa durch Stürme, Trockenheit oder Schädlingsbefall. Vor der Genehmigung werden Eingriffe in Natur- und Artenschutz umfassend geprüft und ausgeglichen. Die Empörung ist also oft übertrieben, der Gedanke dahinter aber durchaus berechtigt.
Klimaschutz braucht erneuerbare Energien. Und er braucht Menschen, die bereit sind, genau hinzusehen – gerade wenn es kompliziert wird.
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